Heute darf ich Ihnen/Euch einen Gastbeitrag von Moritz Küffner mit in die neue Woche geben. Moritz Küffner beschäftigt sich seit über 20 Jahren als Kommunikationswissenschaftler mit dem Thema kooperative Kommunikation https://www.kooperative-kommunikation.de/. Danke Moritz für deine wertvolle Arbeit auf diesem Planeten und danke, dass du uns einen Wegweiser mit auf den Weg gibst für neue Denk- und Lebensmöglichkeiten.
„Transform Nation“ — von der Wissens– zur Weisheitsgesellschaft
Es wird Zeit, unser Allerheiligstes anzugehen und eine Nichtlinearitätskompetenz zu erwerben.
Information, Wissen und Fakten, das sind die Säulen unserer bisherigen Welt.
Eine Welt, die vielen schleichend und anderen sogar schon offensichtlich abhandenkommt.
Und trotz einer gigantischen Mega–Entwicklung in vielen Lebensbereichen während der letzten
Jahrzehnte, verkümmert zeitgleich eine ganzheitlich gesunde Lebens– und Welterfassung. Willkommen
in der Nichtlinearität.
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.
Hermann Hesse.
Trotz der unzähligen Fortschritte wird immer offensichtlicher, dass wir zu gewissen Teilen mit unseren
bisherigen Denk–, Lebens– und Verhaltensweisen in westlichen Industrienationen deutlich zu wenig
Freude und Gesundheit auf der Erde anrichten.
Ich sehe es in den Gesichtern. Beim Einkaufen, in den öffentlichen Verkehrsmitteln aber auch im
persönlichen Kontakt. Viel zu selten erlebe ich strahlende Gesichter, die überwiegend in „gehobener
Gestimmtheit“ leben, wie Managementberater Jens Corssen diese Lebensqualität nennt.
Eine Art „Grund–Glückseligkeit“, die Wohlwollen, Freude und Vitalität ausstrahlt, ist (noch zu) selten
vorhanden.
Terror, Virus, Klima…irgendwas is immer. Aber reicht das aus, um zu begründen, weshalb in einer
Wirtschaftsmacht wie Deutschland für die Mehrheit der Menschen nicht überdurchschnittlich die
Sonne im System scheint? Weshalb nur so wenige wirklich freudvoll und energetisch gesund durchs
Leben kommen?
Nach den ersten 10 Jahren Kooperationsforschung steht eine Antwort glasklar im Raum:
Mehrheitlich gehen wir Menschen bislang von falschen Voraussetzungen aus.
Kein Wunder, denn im Kern wurden wir eindimensional sozialisiert, kennen unsere Kultur
hauptsächlich von innen. Die Kultur eines Urvolkes beispielsweise können wir meist nur auf Grundlage
unserer Kultur erfassen und begreifen. Das macht es sehr herausfordernd, um Weltgeschehen
nichtlinear und umfassend zu durchdringen.
Hinweis zur Kooperationsforschung (Die zentrale Frage der Kooperationsforschung lautet: Wie können wir aufhören Verlierer zu produzieren? Weitere wesentliche Bereiche sind das Herstellen und Beibehalten von Augenhöhe und die Fähigkeit, schwierige Situationen ins Bessere drehen zu können. Das „KoKomm-Prinzip“ hatte seine Seminar-Premiere in Deutschland am 24. Oktober 2011)
Eine neue Vorstellung des uns bislang (Un)Gewohnten
Dass wir in zentralen Punkten von falschen Voraussetzungen ausgehen betrifft uns glücklicherweise
alle! Jede und jeden mal mehr, mal weniger. Das ist völlig normal und wichtiger Teil unseres Lebens–
und Entwicklungsprozesses. Wenn wir allerdings unsere Irrwege häufiger unhinterfragt zementieren, „alternativlos“ darstellen und narzisstisch fixiert alleinige Wahrheiten verkünden, dann ist das
vielleicht gewohntes Verhalten, aber nicht normal.
Ebenso wenig wie wenn wir beginnen, all jene Meinungen und Sichtweisen derer, die andere
Antworten als wir gefunden haben, als gefährlich oder schädlich bezeichnen.
Es gibt gute Gründe, weshalb wir uns so verhalten. Die Ursachen hierfür liegen in Jahrhunderte alten
Gewohnheiten begraben. Bislang waren wir mehrheitlich noch nicht bereit, diese unbewussten
Automatismen in unseren Denkprozessen auszugraben. Sobald wir mutig und authentisch reflektieren,
können wir uns offen und ehrlich mit uns selbst auseinandersetzen und uns überlegen, ob wir da nicht
vielleicht längst überflüssig gewordene „Gewohnheitsleichen“ im Keller unserer Denkgewohheiten
liegen haben.
Wer sich darunter gerade nichts vorstellen kann, dem empfehle ich Tsitsi Dangaremba. Die Autorin
und Filmemacherin aus Simbabwe bekam am 24. Oktober 2021 in der Frankfurter Paulskirche den
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels überreicht. Ihr Blick auf die westliche Welt kann zugleich
heilsam, wachrüttelnd aber auch unangenehm entlarvend sein. In jedem Falle bietet ein Einlassen auf
die Weisheit Tsitsi Dangarembas wertvolle Impulse für unsere persönliche Entwicklung.
Dankesrede Tsitsi Dangaremba:
„Was wir tun können,ist, unsere Denkmuster zu verändern, Wort für Wort, bewusst und beständig, und daran festhalten, bis wir Ergebnisse sehen in der Weise, wie wir Dinge tun und welche Folgen sich daraus ergeben.“
(Quelle: www.friedenspreis–des–deutschen–buchhandels.de)
Gelingende Transformation verstehen
Wie können wir nun einen Über–Gang in eine neue, bessere Form (Trans–FORM–ation) — und damit in
eine vielleicht noch unvorstellbar wohlwollende und kraftvolle Persönlichkeit — erreichen?
Die Antwort ist komplex und für jeden individuell, sie lautet: Durch R e i f u n g 🙂
Diese Reifung ist ein individueller Weg, den wir bewusst und auch im Austausch mit anderen gehen
können. Dieser Austausch ermöglicht unseren persönlichen Übergang.
Er benötigt freien Raum und Zeit, die wir bewusst investieren dürfen. Wir gehen diesen Weg des
Austausches, der Entwicklung und Reifung, indem wir bewusst in uns investieren: Raum, Zeit und ggf.
Geld.
Unser hochpersönlicher Entwicklungsweg sollte mehr Freude, Ahs und Ohs in unser Leben bringen.
Mehr Lebendigkeit, Lachen und Leichtigkeit. Falls dies noch nicht der Fall ist, kann es daran liegen,
dass wir auf einem „Weg“ sind, aber erstmal ein „Hin“ benötigen. Denn erst dann können wir ganz hin
und weg von den Möglichkeiten unserer umfassenden Persönlichkeitsreifung sein.
Manche laufen ihren Weg auch in verkehrter Richtung, auch das ist erlaubt
Ein sehr heller Kopf, der sich Zeit seines Lebens umfassend für menschliche Belange interessierte und
seine Intellektualität in den Dienst der Öffentlichkeit stellte, war Roger Willemsen. Kurz vor seinem
Tod formuliert er eine tiefe Lebenserkenntnis in einem Satz:
„Wir waren jene die wussten, aber nicht verstanden.“
Erweitertes Zusammenhangsverständnis und Komplexität
Um diese Aussage in ihrem ganzen Umfang zu erfassen, benötigen wir erweitertes
Zusammenhangsverständnis.
Ein konkretes Beispiel: Millionen Deutsche verfolgen jeden Tag das nationale politische Geschehen in
der Tagesschau oder ähnlichen Nachrichtensendungen. Aber ist dies wirklich das politische
Geschehen? Oder ist es vielleicht lediglich ein Micro–Ausschnitt aus Wissen, Informationen und
Fakten?
2014 setzte sich Roger Willemsen für 1 Jahr in jede Plenarsitzung des Deutschen Bundestags und
schrieb darüber das Buch „Das Hohe Haus“. 2020 interviewten die Journalisten Peter Dausend (Zeit)
und Horand Knaup (Spiegel) gemeinsam insgesamt 50 Abgeordnete des Deutschen Bundestags
(„Alleiner kannst Du gar nicht sein — Unsere Volksvertreter zwischen Macht, Sucht und Angst“). Was
beiden Werken gelingt ist, Verstehen und Verständnis für Muster, Prozesse und Strukturen
auszulösen. Ebenso wie der UN–Sonderbeobachter für Folter, Prof. Nils Melzer, der in seinem
topaktuellen Buch „Der Fall Julian Assange“ überdeutlich das Verstehen von Zusammenhängen
ermöglicht.
Und genau darum geht es, wenn uns der Übergang in eine bessere Form unseres Selbstseins gelingen
soll: Wir dürfen beginnen ein Verständnis für Muster, Prozesse und Strukturen zu gewinnen.
Das geschieht selten von heute auf morgen, sondern wohlwollend und langfristig bereichernd.
Nochmal: Die Komplexität unserer heutigen Welt zeichnet sich u.a. durch drei Bestandteile aus:
Muster, Prozesse und Strukturen.
Sobald wir beginnen, diese regelmäßig wahrzunehmen, haben wir unser Fundament für neues
Verstehen. Dadurch erhalten wir eine Navigations–Möglichkeit in einer globalen und digitalisierten
Welt, die immer noch auch nach analogen Spielregeln spielt — das macht sie so komplex.
Sobald wir aufgehört haben nur „Wissen, Information und Fakten“ zu sammeln, öffnet sich ein
nichtlineares Feld der Potenzialität. Ja ich weiß, liest sich kompliziert — ist aber komplex. 😉
Wir legen dann unseren Fokus auf „Verstehen und Verständnis“. Dadurch kultivieren und gewinnen
wir eine lebenswichtige Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit, die derzeit täglich mehr Menschen
abhandenkommt.
Neu Denken, Fühlen und Handeln
Damit uns diese Transformation gelingt, müssen wir an unser Allerheiligstes ran!
Unsere Gewohnheiten im Denken, Fühlen und Handeln.
Wir dürfen diesmal nicht nur Hand, sondern auch „Kopf“ anlegen, denn es geht darum, unsere
bisherigen Denk–Gewohnheiten auf die nächst höhere Ebene zu transformieren.
Sie zu erweitern, zu flexibilisieren und dadurch zugleich zu stabilisieren.
Es geht darum, dass es uns gelingt, unsere Denk–Gewohnheiten hin zu vernetztem Verstehen zu
flexibilisieren und zugleich zu stabilisieren.
Ein heller Herz– und Kopfmensch, der dies früh erkannt hatte, war Friedensnobelpreisträger Albert
Schweitzer:
„Das Verhängnis unserer Kultur ist, dass sie sich materiell viel stärker entwickelt hat als geistig.“
Auch der österreichische Schriftsteller Robert Musil erkannte wie viele andere, dass unsere geistige
Entwicklung noch Luft nach oben hat:
„Die Menschen haben keine Ahnung, wie man schon denken kann;
wenn man sie neu denken lehren könnte, würden sie auch anders leben.“
Und anstatt uns dieses andere Leben von außen aufzwingen zu lassen, durch immer neue Vorschriften,
Kontrollen und Überwachung — ein Relikt aus der Illusion des in Fakten und Informationen gefangenen
Denkens — können wir beginnen, durch innere Reifung die äußeren Phänomene mehrschichtig zu
erfassen.
Kein geringerer als Albert Einstein erkannte seinerzeit bereits, dass für uns hierbei zunächst ein
Dilemma existiert, welches wir über–WIN–den können:
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen,
durch die sie entstanden sind.“
Das Prinzip der kooperativen Entwicklung
Und wie gelangen wir nun individuell und gemeinschaftlich zu neuen Denkweisen?
Indem wir uns Menschen und Bereichen zuwenden, die bereits über den Tellerrand bisher gewohnter
und gewöhnlicher Denk– und Glaubenskonzept hinaus geforscht haben.
Indem wir uns öffnen für neues Verständnis, welches wir niemals unreflektiert, sondern konstruktiv–
kritisch betrachten und Schritt für Schritt reflektieren.
Indem wir uns unserer unbewussten Schutz– und Abwehrmechanismen bewusst werden und mit dieser
Einsicht behutsam, wohlwollend und geduldig reifen.
Indem wir lernen Ambiguität ( = Mehrdeutigkeit) auszuhalten und schrittweise eine
Ambiguitätstoleranz entwickeln, die bislang für eine Mehrheit undenkbar ist.
Die gute Nachricht: So komplex sich dies anfangs auch darstellt, so viele leuchtende Wegweiser gibt es
bereits! Menschen, die uns seit geraumer Zeit Zusammenhänge oder Aspekte davon eröffnen.
Gertrud Müller gehört auch dazu und sehr viele andere Menschen, die der Faszination nichtlinearer
und linearer Universalität auf der Spur waren oder noch sind. Von sehr sehr vielen haben Sie bereits
gehört, hier eine kleine Auswahl: Hildegard von Bingen, Werner Heisenberg, Moshe Feldenkrais, Marie
Curie, Lao Tse, Albert Schweitzer, Albert Einstein, Max Planck, Linus Pauling, Paul Watzlawik, Noam
Chomsky, Stephen Hawking, Nelson Mandela, Mahatma Gandhi, Johann Wolfgang von Goethe, Rupert
Sheldrake, Thomas Campbell, Konfuzius, Jesus, George Bernhard Shaw, Paulo Coelho, Sadghuru, Rüdiger Nehberg, Masaru Emoto, Nassim Nicholas Taleb, Tim Ferriss, Louise Hay, Elisabeth Kübler–Ross, Rüdiger Dahlke, Deepak Chopra, Edward de Bono, Epiktet, Gerd Binnig, Hl. Augustinus, Hermann Hesse, Buddha, Jiddu Krishnamurti, Jorge Bucay, Tiziano Terzani, Charles Eisenstein, Katie Byron, Nikola Tesla, Edgar Mitchell, Viktor Schauberger, Hans–Peter Dürr und unglaublich viele andere.
Wissen und Weisheit wurde über Jahrhunderte gesammelt und inzwischen in Fachbereichen
verdichtet. Beispielsweise in Quantenphysik, Meditation, Körperarbeit, Epigenetik,
Psychoneuroimmunologie, Neurobiologie u.a.
Leider gibt es zwei große „Haken“:
1. Sehr viele Fachbereiche (insb. an Universitäten) sind nicht vernetzt.
2. Die Spielregeln innerhalb der Komplexität folgen Großteils der Nichtlinearität, während unser
bisheriges Alltagsdenken sehr stark linear geprägt ist.
Es bleibt uns somit die Eigenverantwortung erhalten, unsere Reifungs– und Entwicklungsprozesse in
Verbindung mit anderen eigenverantwortlichen Lebensqualitäts– und Tellerrand–Interessierten zu
gehen.
Wie der individuelle Entwicklungsweg aussieht ist immer offen und bleibt jeder Persönlichkeit selbst
überlassen.
Und wer Unterstützung möchte, kann sich an Freunde, Familienangehörige, Partner oder Kollegen
wenden. Denn wer offen und ehrlich um Hilfe und Unterstützung bittet, erhält meist mehr
Hilfestellung als man erwarten könnte.
Ich wünsche uns allen, dass wir uns als wertvolle Mitglieder einer Menschheitsfamilie erleben, die den
ersten Schritt hin zur „Transform–Nation“ erleben: Bewusstheit.
Mit dieser (neuen) Bewusstheit beginnen wir uns — als individuelle Teile des Ganzen — als auch unser
jeweiliges Umfeld zu transformieren. Und sobald eine kleine und feine kritische Masse von 3–5% damit
begonnen hat, erleben wir alle das Wunder einer Transform–Nation — ganze Nationen, die sich
wandeln. Wir leben alle auf demselben Planeten: „We are all in this together!“
Sobald dieses Bewusstsein auf Zellebene ankommt wird klar: Unser Planet ist eine universelle
Transform–Nation. Ewig.
Eine wirklich gute Idee erkennt man daran,
dass ihre Verwirklichung von vorneherein ausgeschlossen erscheint.
Albert Einstein
Bildquelle: Photo by Raimonds Klavins on
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