Month: Februar 2022
Gemeinschaftsgefühl
Sigmund Freud, Alfred Adler und Carl Gustav Jung waren die Begründer der Psychoanalyse. Alle drei waren sich einig, dass psychische Probleme aus dem Unterbewusstsein kommen. Sie trafen sich regelmäßig, waren sich jedoch mit der Zeit uneins über Ursache und Behandlung der unbewussten Prozesse. Freud glaubte die Ursache von unbewussten Störungen liegt im Konflikt von gesellschaftlichen Normen und den Trieben der Person, Adler sah das Probleme des Unbewussten im Minderwertigkeitskomplex, der durch Abwertung und Lieblosigkeit in Familie und Gemeinschaft entsteht. Für Jung war das kollektive Unbewusste in der Ahnengeschichte Ursache von Störungsmustern. Heute wissen wir alle drei hatten Recht: Die psychische Störung bildet sich in den Neurotransmittern im Gehirn der einzelnen Person. Die Gemeinschaft hat einen wesentlichen Anteil wie gestresst, ängstlich oder wütend sich Personen fühlen; und wir wissen, dass Traumata aus früheren Generationen durch epigenetische Veränderungen weitergegeben werden und unsere Stress-Angst und Wutsysteme stören. Wir brauchen Therapiemöglichkeiten für die einzelne Person, für die Gemeinschaft, in der Menschen zusammenleben und für Kulturen, die sich aus überlieferten Kriegstragödien befreien müssen. Das heilsame Gemeinschaftsgefühl der Zukunft kann somit nicht in der Verantwortung einzelner Personen liegen. Gemeinschaften der Zukunft müssen darauf achten, dass alle Beteiligten geachtet werden, um gesunde selbstbewusste Entwicklung zu ermöglichen. Das heilsame Gemeinschaftsgefühl der Zukunft muss nach Versöhnung von allen Menschen, Tieren, Pflanzen und der Natur streben, damit wir überleben können.
Nur wenn wir dieses 3 Perspektiven des Gemeinschaftsgefühls anstreben, lernen wir, was wir tun müssen, dass wir selbst, unsere Kinder, unsere Enkel und weitere Generationen überleben und gut zusammenleben können. Weder Politiker, Mächtige oder Super-Reiche können das für uns leisten. Jede/Jeder Einzelne muss Verantwortung übernehmen. Jede und Jeder muss ihren und seinen Beitrag leisten, sonst werden wir es nicht mehr schaffen. Manchmal brauchen wir Menschen einen gewissen Druck, eine gewisse Not um aktiv zu werden. Vielleicht ist die aktuelle globale Bedrohung inzwischen groß genug um zu erkennen:
– Es ist Zeit Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen
– Es ist Zeit alte Feindschaften aufzugeben und das Kriegsbeil endgültig zu begraben
– Es ist Zeit sich mit anderen Menschen, mit den Tieren und Pflanzen zu versöhnen und neue Formen des Zusammenlebens zu wagen.
Der Gewinn ist groß, eine befreite hoffnungsvolle Zukunft, in der wir uns gegenseitig helfen, miteinander teilen und voneinander lernen.
In diesem Sinne wagen wir den Frühling der neuen Menschheit, wagen wir in jeder neuen Situation unser Bestes zu geben.
Gertrud Müller
Kooperation der Wahrnehmung
Wenn sich zwei oder mehrere Menschen darüber unterhalten, was sie sehen oder gesehen haben, kommt es oft zu Streit: Ich habe es genau gesehen, „heute Morgen waren zwei Personen auf dem Hügel gestanden“, sagt der erste Beobachtende“ Nein sagt die zweite Beobachterin: Das waren nur unsere Schatten“. Ein weitere Beobachtung wird geschildert: auf dem Hügel sieht man über die ganze Stadt, nein sagen andere auf dem Hügel waren nur Bäume, Sträucher und Landschaften eine Stadt war nicht zu sehen. Je nach Blickwinkel und Blickrichtung ist jede Beobachtung und die Aussage über diese Beobachtung für diesen Moment richtig. Jeder Mensch sieht nur einen Teil der Landschaft, der Szene, des Lebens. Erst wenn man die unterschiedlichen Bilder, der verschiedenen Blickwinkel zusammenlegt wird wie bei einem Puzzle die ganze Landschaft erkennbar, die sich aus so vielen Blickwinkeln zusammensetzt. Es ist wirklich spannend zu vergleichen, was hast du heute wahrgenommen, gesehen, gehört und was habe ich wahrgenommen, gesehen und gehört. Solange wir beurteilen, dass die eine Wahrnehmung die richtige und die andere die falsche ist, sehen wir viele Nuancen des Lebens nicht. Wir können wesentlich mehr, differenzierter und am Ende vermutlich auch wahrheitsgetreuer wahrnehmen, wenn wir unsere Beobachtungen mit den Beobachtungen der anderen ergänzen und erweitern. Bitte überprüfen Sie selbst, besprechen Sie mit anderen, was Sie selbst sehen und was andere gesehen hatten, sprechen Sie über die unterschiedlichen Blickwinkel der Wahrnehmung; die Verständigung, die Toleranz und das gegenseitige Wissen kann sich dadurch wesentlich verbessern.
Fremdbestimmung – die kranke Kooperation
So wie der Körper krank werden kann, so kann auch die Kooperation im Körper, in Beziehungen und Gemeinschaften krank werden: Im gesunden Körper sendet das Gehirn Reize an Zellen und Organe. Die Zellen und Organe melden ihre Empfindungen und Zustände ans Gehirn zurück: Schmerzen, Hunger, Angst oder anderes Unbehagen, natürlich auch Wohlfühlen. Ein gesundes Leben ist ein ständiger Kreislauf, der an Lebenserhaltung, wechselseitige Kooperation und Weiterentwicklung ausgerichtet ist. Ähnlich verhält es sich in gesunden Beziehungen und Gemeinschaften. Handlungen werden in Absprachen geplant und jeder Beteiligte meldet seine Empfindungen zurück. Wie kann es passieren, dass im Körper, in Beziehungen und Gemeinschaft dieser gesunde Austausch nicht mehr gepflegt, verhindert oder ignoriert wird? Es gibt Menschen, die hören nicht auf Ihren Körper. Es gibt Gemeinschaften, die ihren Mitgliedern nicht mehr zuhören. Die Kooperation untereinander ist gestört. Gefühle werden unterdrückt und Reize kaum mehr weitergegeben. Diese kranken Kooperationen funktionieren zwar noch halbwegs automatisiert, es findet jedoch keine Weiterentwicklung mehr statt. Die Beteiligten sind abgelenkt durch unausgesprochene Erwartungen von Anderen, durch unangemessene Leistungsvorgaben, sie erleben Ausgrenzung und wehren sich kaum mehr bei Demütigung. Weder die Reize von außen noch Empfindungen, die zur inneren Kooperation nötig sind, können erlebt und weitergegeben werden. Die Angst aus der Gruppe, Familie oder Kultur heraus zu fallen wird größer. Gefahren, Bedürfnisse, Wünsche und Träume werden kaum mehr wahrgenommen, identifiziert oder ausgesprochen. Das fremdbestimmte Funktionieren erfordert andere Kompensationen: perfekt sein, eine Show spielen, sich besser darstellen als man ist, übertriebene Arbeitssucht, extremer Ehrgeiz, Fehler vertuschen, …um nur einige zu nennen. Die fehlende echte, wertschätzende und mitfühlende Kommunikation führt zu Dysbalancen im Körper, in Beziehungen und Gemeinschaften. Es entstehen weitere Formen der Unklarheit, der Abhängigkeit, die Fehlbelastungen zur Folge haben. In diesem Phasen entwickeln Mächtige, die Idee über andere herrschen- und bestimmen zu wollen. Bei Dysbalancen gewinnen Mächtige an Einfluss und die Abhängigen werden abhängiger. Nur wenn wir diese Mechanismen durchschauen, können wir die kranke fremdbestimmte Kooperation hinter uns lassen und Veränderung in Richtung Gesundheit, wertschätzende Beziehungen und gesunde Gesellschaften anstreben.
Eine schöne neue Woche
Gertrud Müller