Ahnen und Totensonntag

Im Jahr 1816 veranlasste König Friedrich Wilhelm III. von Preußen den Totensonntag als Gedenktag für die Verstorbenen und vielen Gefallenen der Befreiungskriege gegen Napoleon. Evangelische Christen gedenken am Totensonntag ihrer Toten. Hier möchte ich einige Gedanken und Erfahrungen teilen, die ich zum Thema Verstorbene und Ahnen gemacht habe

  • Meine Mutter ist Ende letztes Jahres verstorben, die Erinnerungen begleiteten mich das ganze Jahr. Wir, ihre Kinder. Enkel und Urenkel konnten sie im Januar in einer würdigen Bestattung verabschieden. Bilder erinnern mich und viele ihrer Sätze, Gegenstände und kleine Videos, die ich von ihr habe. Vor ein paar Tagen fand im Seniorenheim ein Gedenkgottesdienst für die im letzten Jahr verstorbenen Senioren statt.
  • In den letzten Wochen hörte ich Videos von Susanne Lohrey zurm Thema Ahnenheilung, schon vor Jahren las Bücher von Sabine Bode mit dem Titel „Die vergessene Generation“. Meine Radtouren rund um München führten mich zu unheimlich grausamen Erinnerungsstätten der Vergangenheit, ich besuchte das KZ Dachau und den KZ-Außenlagerkomplex Kaufering. Ich bin schockiert von der Grausamkeit, die Menschen sich ausdenken, anderen Befehlen und auf Befehl anderen antun können.
  • Am 6. Juli war ich eingeladen zur Premiere des Filmes „Die Ermittlung“ in diesem Film werden sehr eindrücklich Szenen dargestellt, die sich im KZ abgespielt hatten. Menschen waren aus einer Verstrickung in Schuld, Angst, Hochmut und dem Erreichen von Vorteilen bereit ihre Mitmenschen zu verraten, zu quälen und zu töten.
  • Ältere Patienten erzählen mir immer wieder was ihre Vorfahren erdulden und ertragen mussten. Eine Patientin erzählte mir, dass sie nie mehr Weihnachten feiern konnte, seit die Todesnachricht ihres geliebten Bruders am Heiligen Abend kam, er war an der Front gefallen.
  • Ich arbeite daran, dass wir den Zusammenhang von Grausamkeit, Krankheit und späterer Kriminalität besser verstehen. Hoffentlich können wir diese sich immer wiederholende Grausamkeit langsam überwinden und für zukünftige Generationen verhindern. In meiner Doktorarbeit konnte ich nachweisen, dass die Gewaltstraftäter, die ich untersuchte im Erwachsenenalter nicht mehr in der Lage waren schwierige Lebenssituationen sozial kompetent zu lösen, da in diesen Situationen, die in der Kindheit erlernten Gewaltmuster nahezu automatisiert abliefen.
  • Immer mehr Therapeuten und auch Ärzte sehen inzwischen eine Zusammenhang von Trauma und späteren körperlichen und psychischen Erkrankungen. Luise Reddemann schrieb das Buch Kriegskinder und Kriegsenkel in der Psychotherapie. Es ist wichtig, dass wir Trauma heilen und nicht immer wieder von Generation zu Generation von einem Krieg zum nächsten weitertragen.
  • Im Herbst war ich mit meinen Schwestern im Allgäu, wir besuchten die Verwandten von meine Mutter. Wir gingen auch auf Friedhöfe und entdeckten viele schöne aber auch viele tragische Erinnerungen zum Beispiel das Sterbebild von einem Bruder meines Großvaters der im 1. Weltkrieg auf grausame Art getötet wurde.

Ich habe mir vorgenommen weiter an dem Zusammenhang von Frieden und Gesundheit zu arbeiten. Das gibt mir die Hoffnung, dass auch meine Kinder und Enkel in eine gute Zukunft gehen können. Ich weiß natürlich auch, dass ich diese Arbeit nicht allein schaffen kann und hoffe auf Unterstützung durch Initiativen, Beiträge und Spenden z.B. an unseren Verein Frieden macht Schule e.V. den ich mit anderen 2009 gründete www.friedenmachtschule.de

In diesem Sinne wünsche ich uns allen viel Mut und Kraft in Krisenzeiten und Hoffnung und Zuversicht: Weihnachten kommt.

Dann schreibe ich auch hoffentlich wieder einen positiveren Blog

Gertrud Müller