Derzeit rotten sich verschiedene Gruppen zusammen und lehnen sich gegeneinander auf. In Amerika toben die Wahlkampfgruppen der Demokraten und der Republikaner gegeneinander, in Deutschland die rechten gegen die linken Gruppierungen. In Europa, kämpfen die einen für Vereinheitlichung der europäischen Staaten andere sind eher Europaskeptiker und wollen Nationalstaaten behalten. In Kriegsländern stehen sich die Kriegsparteien an der Front gegenüber und ersinnen Wirtschaftskriege und Cyberattacken. Jede der Gruppen versucht Anhänger zu finden und alle nennen diese Zusammenarbeit in verschiedenen Lagern Kooperation.
In Wahrheit ist das keine Kooperation, sondern Kollaboration. Die Gruppen arbeiten zusammen um gegen andere Gruppen zu agieren und zu kämpfen. Die Menschheit hat wahre Kooperation noch nicht wirklich gelernt und verstanden. Auch Demokratie ist noch keine wahre Kooperation. Demokratie ist die Macht der Mehrheit gegenüber den Minderheiten im Land. Kooperation, wie wir sie in der Natur beobachten, entspricht viel eher wahrer Kooperation: Pflanzen, Tiere und die unbelebte Natur leben in ständigen Austauschprozessen ohne Gesetze und Regelwerk. Es entwickeln sich diverse Formen der Kooperation: Die Natur lässt neben harmonischem Zusammenleben auch leichte Formen des Parasitismus zu. Bei schwereren Formen des Parasitismus sterben der Parasit und der Wirt, weil Austauschprozesse nicht mehr gut funktionieren. Die Entwicklung neuer und völlig unterschiedlicher Austauschprozessen unter den Arten ist den Menschen bis heute weitgehend fremd geblieben.
Menschen wollen als soziales Wesen Gleichgesinnte finden, obwohl sie erkennen, dass sie nicht gleich sind. Menschen unterscheiden sich durch Alter, Genetik, Kultur, Familien, Meinungen, Erfahrungen, Gruppenzugehörigkeit, die individuelle Geschichte und vieles mehr. Es wird deshalb nicht gelingen, dass sich konforme Gruppen bilden, so sehr sich die Menschen auch danach sehnen.
Immer wieder wurde in der Geschichte versucht Konformität zu erreichen in Religionen, Staaten, in Gesetzen, durch Kriege, Folter und Gewalt. Konformität wird immer wieder scheitern: Menschen sind Individuen und wollen als solche gesehen und geachtet werden. Menschen haben somit zwei wchtige soziale Bedürfnisse:
1. Die Gruppenzugehörigkeit
2. Einzigartigkeit als Individuum.
Solange wir diese beiden Bedürfnisse nicht anerkennen, werden immer neue Versuche der Kollaboration entstehen. In der Kollaboration arbeiten Menschen nach gewissen Regeln und in Gruppen zusammen. Diese durch Regelwerk organisierten Gruppen geraten leicht in Gegnerschaft, Konkurrenz, Machtkämpfe und verstricken sich in Kriege. Durch Kriege und Auseinandersetzungen entwickeln sich Störungen des Zusammenlebens und Traumatisierung > neue Gruppen bilden sich > das Spiel beginnt von vorn.
Die aktuelle Wissenschaft zeigt und jeder kann es beobachten, dass wertschätzende Kooperation immer wieder gelingen kann. Es gibt Paare und Familien, die in Harmonie zusammen leben, sehr alt werden und gesund bleiben. Es besteht ein Zusammenhang von wertschätzenden Beziehungen und Gesundheit, der wissenschaftlich belegt ist. Ein gutes Beispiel dafür sind die sogenannten „Blue Zones“. Das sind Regionen, in denen Menschen schon viele Jahrhunderte in Frieden und wertschätzend miteinander zusammenleben, in Verbindung mit der Natur arbeiten, sie bleiben ohne Medizin gesund und leben sehr lange.
Leider beschäftigen sich weder Staaten, Wirtschaft und Wissenschaft intensiver mit diesen Zusammenhängen. Deshalb erleben wir auf der Welt wesentlich mehr Gruppen und Regionen, die in fehlender Harmonie, in Streit und Konkurrenz zusammenleben. Die sensationsgierigen Medien vermitteln uns ebenfalls dieses Bild um Einschaltquoten zu erhöhen und Leser zu gewinnen.
Ich war schon in so vielen Bereichen der Gesellschaft unterwegs bei Armen und Reichen, bei Kranken und Gesunden, bei Alten und Jungen in verschiedensten Kulturen, bei Analphabeten und Gebildeten und ich lerne überall Menschen kennen, die sich in ihrem tiefsten Herzen wünschen. in Frieden mit anderen zu leben. Ich lerne viele Menschen kennen, die sich gegenseitig helfen. Mir begegnen viele Menschen, die miteinander teilen und ich erlebe viele Menschen, die voneinander lernen. Selbst bei den Gesprächen mit Gewalttätern im Gefängnis erlebte ich Menschen, die sich nach Frieden sehnten, sie waren schwerst traumatisiert, weil sie als Kinder übelst misshandelt wurden. Leider konnten sie deshalb in ihren Umfeldern wenig wertschätzende soziale Fertigkeiten erlernen.
Mit etwas Übung gelingt es jeden Tag ein wenig besser den Mitmenschen als Menschen zu sehen, als Mensch, der einst ein Baby war und eine Lerngeschichte erlebte; ein Mensch, der nicht nur der Angehörige seiner Gruppe ist, der nicht nur die Rolle in seinem Beruf spielt, der nicht nur als Statusinhaber in seiner Schicht fungiert,..
Die meisten Menschen entwickelten in ihrer Lerngeschichte einen verurteilenden Verstand, deshalb ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen in einem Zustand angelangt sind, in dem sie glauben, andere seien doof und Kriege seien eine Lösung. Ich glaube wir können den Kreislauf von Streit, Kampf, Krieg und Frieden unterbrechen und langfristigen Frieden erreichen.
Jeder hat die Wahl: will ich üben und wahre Kooperation lernen, anderen helfen, mit anderen teilen, von anderen lernen oder will ich mich weiter in Gruppen und Lagern formieren und einseitig denken, mich spalten lassen, mich weiter in Konkurrenz, Machtkämpfe und Kriege verstricken.
Wie entscheiden Sie sich?
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen, dass wir unsere angeborene Lernmöglichkeiten nützen und das Beste aus der aktuellen Situation machen. Möge der Winter bald enden und die Frühlingsonne unsere Herzen wieder erwärmen.
Herzliche Grüße
Gertrud Müller