Untergang von Kulturen

Wenn ich die Nachrichten höre, habe ich oft den Eindruck wir stehen kurz vor dem Untergang unserer Kultur und wir, die Menschen sind selbst schuld, weil wir alles zerstören. Ich frage mich: Stimmt das? Wenn ja wie kann es sein, dass Menschen ihre Hochkulturen zerstören? Können wir nicht aus Fehlern der Geschichte lernen? Ich höre in meiner Arbeit von vielen Menschen Begründungen, warum sie so handeln wie sie handeln, so leben wie sie leben, warum sie so entscheiden wie sie entscheiden. Der Großteil der Menschen will es richtig machen, sie wollen Fehler vermeiden. In der Folge werden Fehler vertuscht, viele Menschen neigen dazu sich selbst zu erhöhen um fehlerfrei dazustehen, es werden andere beschuldigt, die Fehler machen und es gibt zahlreiche Führungskräfte, Mediendarsteller, Politiker, Juristen usw. die sich selbst als gänzlich unfehlbar darstellen. Warum haben wir so eine Abneigung Fehler einzugestehen? Warum können wir Fehler nicht erkennen, selbst wenn wir so viele Fehler machen, dass die ganze Kultur gefährdet ist?

Aus Fehlern zu lernen ist angeboren. Kein Kind würde Laufen und Sprechen lernen, wenn es Fehler vermeidet. Ein Kind muss hunderte, vielleicht tausend Male hinfallen bis es sicher und zielgerichtet laufen kann. Ein Kind muss Millionen von Lauten formen bis es die ersten verständlichen Worte und Sätze sprechen kann. Kinder denken nicht daran, dass dieser Lernprozess peinlich sein könnte, sie machen einfach, das was sie spüren, was zu ihrer Entwicklung nötig ist. Die meisten Eltern wissen, dass sie das Kind nicht zum Laufen oder Sprechen zwingen können. Die Entwicklung läuft ohne menschliche Steuerung ab. Eltern und Pädagogen machen jedoch die Erfahrung, wenn Kinder unterstützt werden und ihre Fortschritte wertgeschätzt werden entwickeln sich Kinder besser.

Werden Kinder älter, ändert sich ihre Beziehung zu Fehlern: Ältere Kinder und Heranwachsende wollen sich profilieren, beweisen, werten sich gegenseitig ab oder überhäufen sich mit Anerkennung. Der Lernprozess des vom unbedarften Lernen zum fehlervermeidenden Lernen hat begonnen: Wenn du das lernst bist zu gut, wenn du etwas anderes lernst bist du schlecht. Wenn du dich so verhältst gehörst du zu den angesehenen Leuten, wenn du das machst gehörst du zu den abgewerteten Menschen. Der Lernprozess von unbeschwerten Sein zur hierarchischen Beziehung hat begonnen. Was bedeutet hierarchische Beziehung? Es bedeutet, dass sich Menschen als überlegen oder unterlegen einordnen. Im Verlassen der Vielfalt des Lernens zu Gunsten von Über- und Unterordnung beginnt Ausgrenzung, Abwertung Intoleranz. Es entstehen Monokulturen, der Beginn vom Untergang der Kulturen. Die Zerstörung der Anerkennung der Andersartigkeit, die Zerstörung der Toleranz führt zur kontinuierlichen Verschlechterung von Beziehungen, zur Verknappung von Lebensgrundlagen, zu Kriegen, Gier und Zerstörung. Wir haben inzwischen genügend Erfahrungen unserer Vorfahren: In der Archäologie wird über Untergänge der Kulturen berichtet. Wir kennen aus Erzählungen unserer Großmütter und Großväter wie Deutschland durch Ausgrenzung Andersdenkender immer weiter zerstört wurde. Wir wissen über den Verfall der Kulturen über den Ausgang von Kriegen durch den Geschichtsuntericht. Wenn wir bereit sind zu lernen, können wir den Untergang unserer Kultur noch aufhalten und die negativen Entwicklungen revidieren. David Landes beschreibt diese Zusammenhänge in seine Buch  Wohlstand und Armut der Nationen: Warum die einen reich und die anderen arm sind

Oder schauen Sie sich den Film von Untergang der Maya- Kulturen an. Auch hier wird berichtet wie Intoleranz, Monokulturen und Feindseligkeit dazu führten, dass die Kultur der Maya unterging.

https://youtu.be/TNN6EAPcj-I 

Es gibt dennoch Hoffnung, dass wir dem Schicksal der früheren Kulturen entgehen: wenn wir bereit zu lernen, individuell und kollektiv aus unseren Fehlern zu lernen. Wie das geht, werde ich in den nächsten Blog beschreiben.

Eine schöne und lehrreiche neue Woche

Gertrud Müller