Herrscherzeit, Arbeitszeit, Freizeit, Naturzeit

Seit Jahrtausenden versuchten Menschen die Zeiten zu verstehen, Jahreszeiten für Saat und Ernte, später erkannten Herrscher, dass es Vorteile bringt die Zeit zu messen, Hoheit über die Zeit zu erreichen. Mit Kalender, Sonnenuhren, Wasseruhren ließen sich große Pläne, Bauvorhaben und Kriege zeitlich besser planen und ausführen.

Die Arbeitszeit wurde eingeteilt in Tagewerke, die Tagelöhner an einem Tag erledigen können. Mit Zeitmessungen wird gemessen wer am schnellsten laufen kann. In der Postkutschenzeit wurde Entfernungen mit Wegstrecken (Tagereisen) gemessen. In wieviel Tagesetappen konnte eine Postkutschen ihr Ziel erreichen.

Ab 1650 wurde die Zeitmessung genauer, die Orientierung an der Uhr präzisiert: Die Kirche entwickelte Stundengebete, Kirchturmuhren begannen mehr und mehr die zeitliche Orientierung der Menschen zu prägen. Die Arbeitsstunde wurde geboren, die Arbeiter wurden nicht mehr nach Tagelohn sondern nach Stundenlohn bezahlt.

Nicht mehr Sonnenaufgang und Sonnenuntergang begrenzten die Tage und die Arbeitszeit, sondern die Uhren. Als die ersten Gewerkschaften 1848 gegründet wurden erreichten sie eine gewisse Möglichkeit für Freizeit neben der Arbeit. Neben der Arbeitszeit begann sich die Freizeit immer mehr als feste Größe zu etablieren.

Kriegs- und Wiederaufbauzeiten unterbrachen und veränderten die Entwicklung von Arbeit und Zeit

Ab 1990 wurde es immer attraktiver die Arbeitszeit zu verdichten, das bedeutete in der gleichen Zeit muss der Arbeitnehmer mehr Tätigkeiten verrichten. Ab diesem Zeitpunkt stiegen die Zahlen der psychischen Erkrankungen und auch der Krebserkrankungen. Die junge Generation fordert zu Recht mehr Work-Life-Balance und immer mehr Forschungen (Schlafforschung, Erforschung des Biorhythmus) zeigt, dass die menschlich gemessene Zeit nicht die natürliche Zeit abbildet, die natürlichen Rhythmen sogar oft stört.

Es wird derzeit viel über Nachhaltigkeit, Artenvielfalt gesprochen und die Achtung gegenüber der Natur gefordert, die Zeit vor allem die Naturzeit, die individuelle Zeit von jedem Wesen spielt dabei eine weit unterschätzte Rolle. Jede Blume blüht zu einer anderen Zeit, jede Frucht wird zu anderen Zeiten reif, und auch bei uns Menschen gibt es Menschen mit sehr unterschiedlichen zeitlichen Bedürfnissen. Die Natur diktiert keinem Wesen die Zeit und gibt dennoch Rhythmen, Tages- und Jahreszeiten vor. Gerade in der Freizeit können wir diese Rhythmen der Natur beobachten und genießen, erkennen, dass uns die Natur Zeit lässt. Die Natur verdichtet die Zeit nicht, sondern gibt zeitlichen Spielraum, Die Natur ermahnt uns jedoch auch die geschenkte Zeit weise zu nützen, da auch die natürliche Zeit vergänglich ist.

In diesem Sinne werden wir uns bewusst wie wertvoll oder unsinnig wir unsere Zeit nutzen.

Eine schöne neue Woche mit viel Zeit

Gertrud Müller