Die neue Unordnung
Derzeit scheint die alte Ordnung nicht mehr zu passen. Es gibt eine neue Sprachordnung, Menschen wissen plötzlich nicht mehr, welche Worte man benützen darf und welche verboten sind, es gibt Genderverbote und Genderpflicht. Gewisse Lieder dürfen nicht mehr gesungen und gespielt werden, Regenbogenfarben sind in; Deutschlandfahnen out, unter bestimmten Umständen sogar verboten. In einem Land, das sich auf einer christliche Verfassung und Demokratie beruft, wird das Kalifat vom Präsident für Verfassungsschutz als legitime Staatsform bezeichnet.
Niemand weiß heute mehr darf ich meinen Mitmenschen beim Gruß mit Herr oder Frau ansprechen, es könnte ja sein, dass sich der/die andere laut Selbstbestimmungsgesetz 2024 als Frau und 2025 als Mann fühlt und eingetragen hat.
Früher wusste man auch noch wo man bei Bedarf Hilfe holt oder sein Geld bekommt. Heute ist niemand mehr zuständig. Die Angestellten dürfen keine Auskunft geben, nicht an Verantwortliche weiterleiten, nach einer Warteschleife ist unklar spreche ich am Telefon mit einem Menschen oder einer künstlichen Intelligenz.
So leicht uns das Leben mit genereller Gesundheit, Wohlstand, Naturschutz, Modernisierung und Digitalisierung angepriesen wurde, so leicht ist es leider nicht geworden. Ähnlich läuft es bei der Datensicherheit. Der Bürger darf nichts und nirgends mehr etwas einsehen, fragwürdige Dokumente müssen unter großem Aufwand freigeklagt werden. Dafür dürfen Staaten jetzt auch den Chatverlauf der Handys einsehen. Ich persönlich gewinne inzwischen den Eindruck je mehr alles zwanghaft geordnet und verordnet wird, desto mehr Chaos und Unordnung entsteht.
Jeder Mensch hat in sich selbst eine innere Ordnung: eine innere Uhr für Schlaf- und Wachrhythmus, innere Bedürfnisse für Hunger, Motivation, Abenteuer, Vorsicht, Wunsch nach Begegnung und Alleinsein. Ich orientiere mich gern an dieser inneren Ordnung in mir und vertraue darauf, dass mich diese innere Ordnung auch durch die aktuelle äußere Unordnung führen wird.
Ich bewundere die Natur, sie scheint kein Problem zu haben mit Ordnung und Chaos. Aus chaotischen Kriegsgebieten werden blühende Landschaften und friedliche Wälder, Wüsten können wieder erblühen, wenn es regnet und die Gestirne drehen ihre Bahnen, ob es den Menschen passt oder nicht. Vielleicht können wir von der Natur lernen: Chaos ordnen und falsche Ordnungen wieder auflösen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen schöne Sommermonate, und dass wir eine hilfreiche Balance finden von Ordnung und Chaos.
Gertrud Müller