Das neue Jahr

Foto. Franziska Neufeld
Ein neues Jahr beginnt, jetzt kann’s endlich losgehen, jetzt wird alles besser!
Ja, wenn da nicht die alten Gewohnheiten wären und die Bedrohungen durch Kriege und Katastrophen, die uns schon gleich nach den Feiertagen wieder erschrecken. Wir spüren einzeln und kollektiv wie schwer es ist die tollen neuen Vorsätze umzusetzen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurück blicken, dann bemerken wir so manchen Fortschritt und auch Rückschritte und Stagnationen, wir können heute einiges besser, das motiviert uns. Gelingt einiges nicht, trotz Anstrengung, reagieren wir frustriert und ein Scheitern lässt uns Gefühle der Verweiflung erleben. Eigentlich ist alles ganz klar: Das Leben fordert uns heraus und wir sind lernende und übende Wesen, ein Leben lang.

Wir verzweifeln im Winter auch nicht, weil die Bäume keine Blätter mehr tragen, wir vertrauen auf den nächsten Frühling. Genau so kommen, wenn wir lernen, nach bitteren Erfahrungen auch wieder Erfolge.

Das Leben fordert Kinder auf zu laufen und zu sprechen. Das Leben fordert Kranke auf, nach Gesundheit zu streben und fordert Menschen mit geringem sozialen Status heraus, sich um ein besseres Leben zu bemühen. Das Leben fordert Hungernde heraus nach Nahrung zu suchen und treibt Flüchtende an Schutz zu finden.

Vielleicht können wir dieses Jahr  die Herausforderungen des Lebens noch besser annehmen,  statt andere Menschen zu beschuldigen und zu verurteilen. Vielleicht können wir uns gegenseitig unterstützen und genau von dem lernen, was uns das Leben als Schwierigkeit vor die Füße legt, z.B. bei Konflikten, bei Umweltschutz, in der Wirtschaft und der Politik. Wir können lernen es besser zu machen immer wieder, sowohl als Einzelne und auch kollektiv in Betrieben, Organisationen und in der Politik. Wenn wir uns einzugestehen Lernende zu sein und immer mehr miteinander und voneinander lernen, dann entwickeln wir uns weiter und wir haben wieder das Gefühl: das Leben meint es gut mit uns.

In diesem Sinne viel Mut und Kraft für das neue Jahr und eine kindliche Begeisterung am Lernen.
Gertrud Müller

Abschied und Neubeginn

 

Abschied und Neubeginn

Abschiede stimmen viele Menschen melancholisch und traurig.  Altes, Vertrautes geht vorüber und wir müssen uns an Neues gewöhnen.Manche reagieren rebellisch, wütend und trotzig, wenn etwas Altes vergeht.

So ändern sich im Laufe des Lebens Beziehungen, Vorstellungen, Familienzusammengehörigkeit, Politik, Grenzen, Gesetze, Vorstellungen, Moden, wissenschaftliche Erkenntnisse und vieles mehr.

Ein Neubeginn stimmt die meisten Menschen neugierig, abenteuerlich und gespannt, es  wird erwartet, dass sich etwas entwickelt. Die Ankunft von einem neuen Familienmitglied wird gefeiert, der neue Mitarbeiter, der Schul- und Studienanfänger wird begrüßt. Neubeginn löst bei manchen Menschen auch Skepsis aus, die Angst vor Veränderung und Herausforderungen.

Jeder Jahresübergang ist ein Abschied und zugleich ein Neubeginn.

Heuer verabschieden wir nicht nur ein Jahr sondern auch eine alte Gewohnheit. Wir werden in der Zukunft stiller Silvester feiern, Böller und Raketen werden für die Umwelt als zu gefährlich angesehen. heuer werden schon die ersten Böllerverbote ausgesprochen, ab nächstes Jahr werden Neujahrsfeuerwerke nur noch sehr eingeschränkt im Handel angeboten. Die einen freuen sich, weil sich Kinder und Tiere nicht mehr durch die Knallerei erschrecken, weil es weniger Verletzungen gibt und die Luft in der Silvesternacht wieder gut zu atmen ist. Andere reagieren melancholisch trotzig und wütend.

Es wird im Leben immer so sein, dass nicht alle das Gleiche mögen, dass nicht allen das Gleiche schmeckt, bekommt und vertraut erscheint.

Auch damit müssen wir leben, dass wir Menschen nicht nur in eine Norm gepresst werden können, die einigen gefallen würde und die sie für richtig halten. So sind wir derzeit weltweit auf der Suche wieviel Ordnung brauchen wir und wieviel Freiheit.

Ich wünsche uns allen, einen guten Übergang ins neue Lebensjahrzehnt. und dass wir dieses Jahr wieder eine Schritt weiterkommen auf unserer Suche nach Balance im Zusammenleben trotz aller Unterschiede, die uns zu trennen scheinen.

Gertrud Müller

Weihnachten

Weihnachten
Die Menschen wünschen sich ein fröhliches und friedvolles Weihnachten, das ist jedoch nicht immer so einfach…

Gestern sandte mir eine Freundin ein „lustiges“ Video über den alljährlichen Weihnachts-Familienfrust: der Vater kauft den falschen Baum, der Mutter misslingt das Essen, die Kinder erhalten die falschen Geschenke, die Oma redet drein und am Schluss geht zu allem Überfluss der Baum in Flammen auf.

Wir alle haben Vorstellungen, Traditionen und Erfahrungen, und wenn sich diese nicht erfüllen, reagieren wir enttäuscht. Das Problem ist, dass unsere Erwartungen verschieden sind und wir meinen, dass der oder die andere genauso denken, fühlen und handeln müsste, wie wir uns das vorstellen.

Wir können aber auch Traditionen neu leben und unsere Erwartungen relativieren.
Wir können akzeptieren, dass wir verschieden sind und trotz des Andersseins ein glückliches Zusammensein anstreben. Wir können aufeinander zugehen, miteinander teilen, voneinander lernen und wir können uns gegenseitig unterstützen.

Dann sind wir dankbar, dass wir einander haben, egal ob reich oder arm und es kann wirklich Weihnachten werden!

In diesem Sinne ein frohes und friedvolles Weihnachten.
Gertrud Müller

Die staade Zeit

In dieser Woche stimmten mich zwei Äußerungen von kleinen Kindern nachdenklich. Ein Dreijähriger sagte: „Die Uhren sollten schlafen, dann müssten sich die Menschen nicht so beeilen“. „Ich möchte in Rente gehen“, meinte ein Vierjähriger und begründete seine Aussage damit, dass das Leben mit Arbeit zu anstrengend sei, das gelte auch für den Kindergarten, dieser sei ebenfalls wie Arbeit. Was sagen uns diese Kinder, welche Vorbilder geben wir ihnen?

Sind wir tatsächlich nur gestresst, getrieben, gehetzt, angefeuert, nie gut genug? Ist das wirklich das Leben, das wir führen möchten?
Immer noch besser, noch weiter, noch effektiver, noch schöner, noch reicher. Wer ist es, der uns da so treibt, zwingt, so herausfordert? Wer befiehlt uns in einer freien Gesellschaft einen Arbeitstakt, der krank macht? Wer gibt den Zeitdruck, den Perfektionismus vor, dem sich unsere westliche Welt in zerstörerischer Weise unterordnet?
Haben wir Angst vor Langeweile oder Ausgrenzung, vor Gewalt oder vor (sozialer) Verelendung?

Wir können die großen Systeme vielleicht nicht überblicken. Aber wir sind erwachsen und können nein zur Überforderung sagen. Wir können jeden Tag spüren, ob es gut für uns ist, was wir gerade machen, ob es hilfreich und sinnvoll ist, wie wir arbeiten, wie wir leben? Wenn wir unseren Alltag nicht mehr für sinnvoll empfinden, können wir auf die Suche gehen, was geändert werden kann, damit es uns und anderen besser geht.

Und bekanntlich finden wir was wir suchen.

Manchmal habe ich den Eindruck, wir Menschen resignieren und kapitulieren, wir passen uns an, verneigen uns vor fragwürdigen Obrigkeiten in einem vorauseilendem Gehorsam, wir laufen Erwartungen anderer hinterher, ohne zu reflektieren, ob es Sinn macht oder gut für uns ist. Vielleicht finden wir in der Adventszeit wieder Momente für uns selbst, Momente, in denen wir uns wichtigere Fragen stellen:
– Wie geht es mir als Mensch?
– Wie geht es unseren Mitmenschen?
– Lebe ich das Leben, das ich leben möchte?

In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine staade Zeit.
Gertrud Müller

Herbergssuche

Herbergssuche

Herbergsuche
In der Vorweihnachtszeit sehen wir Krippen und Krippenspiele auf den Weihnachtsmärkten. Die Geschichte von Maria und Josef, die lange auf vergeblicher Herbergsuche sind, dann jedoch in einem Stall Unterkunft finden.
Diese Geschichte berührt auch heute noch viele Menschen: eine hochschwangere Frau mit ihrem Mann, die trotz Armut das Beste geben und dem Leben vertrauen. Menschen, die ihnen helfen, arme Hirten, die sie besuchen, Weise aus dem Morgenland, die im neugeborenem Kind den auserwählten König entdecken und ihm wertvolle Geschenke bringen.Wir verzaubern diese Geschichte als historische Erzählung, längst vergangen aber immer noch aktuell. Wir können diese Geschichte auch hier und heute wieder zum Leben erwecken, wenn wir an die Menschen denken, die kein Zuhause haben, für die Menschen ohne Unterkunft, ohne Heimat, eintreten und uns stark machen. Wir können unsere Vorurteile revidieren.

Die Armutsforscherin Prof. Jutta Allmendinger beschreibt in einem Artikel in der Zeit, wie sie bei einer Reise in Amerika erkannte, welche Vorurteile sie selbst gegenüber Obdachlosen hatte. Oft meinen wir: die sind doch selbst schuld, was können wir schon tun, das ist nicht mein Problem. Ja, das stimmt vielleicht für den Moment. Aber was ist, wenn wir selbst einmal in Not geraten, würden wir uns nicht über Hilfe freuen? Wir können auch heute etwas tun, wir können in unserer Gemeinde oder in Organisationen nachfragen, wo wir helfen können. Wenn wir wollen, dass die Politiker wacher werden, können wir Briefe an Abgeordnete senden und uns erkundigen wie den Obdachlosen geholfen wird. Mir hat diese Woche eine Freundin einen Artikel von der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz in München gesendet, den ich gern im Anhang weiterleite.

Wie heißt es in einem Lied mit dem afrikanischem Sprichwort? Viele kleine Leute in vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern….
In diesem Sinne wünsche ich uns allen Gelegenheiten Gutes zu tun und eine besinnliche Vorweihnachtszeit.Und ich danke allen von Herzen, die schon etwas dazu beitragen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Herzliche Grüße
Gertrud Müller

 

Wunschzettel


Zur Zeit flattern viele Prospekte und Briefe ins Haus, Wunschideen für Konsumgüter, Bettelbriefe von Hilfsorganisationen, Aufrufe zur Beteiligung an Aktionen, Einladungen zu Feiern….
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Advents- und Weihnachtszeit: Was steht auf Ihrem Wunschzettel oder haben Sie keine Wünsche mehr? Meinen Sie, Wünsche sind nur etwas für Kinder?
Bis vor ein paar Jahren wünschten sich viele Frauen Schmuck, Reisen und schicke Kleider, Männer wollten Zigarren, Whisky oder dicke Autos. Heute, in einer Zeit, in der wir dabei sind, die Erde zu vernichten und meist im Überfluss leben, schämen wir uns fast für diese Wünsche. Vielleicht tut es ja auch etwas selbst herstelltes: ein paar gestrickte Socken, ein Glas eingekochte Marmelade, eine schöne gebastelte Karte, ein handgeschriebener Brief oder einfach Zeit.
Wir wollen wieder von Herzen schenken und auch so beschenkt werden.
Die materiellen Wünsche werden kleiner und der Wunsch nach einer freundlicheren Welt wird größer. Wir wünschen uns mehr Naturverbundenheit, wertschätzendes Miteinander, einfache Glücksmomente und wir sehnen uns nach innerem und äußeren Frieden.
In diesem Sinne wünsche ich uns einen schönen Advent. Mögen die Wünsche in Erfüllung gehen, die uns allen helfen und gut tun.
Gertrud Müller
 
 
 
Eine neue Welt

Eine neue Welt

Können wir uns eine Welt vorstellen, in der ganz andere Nachrichten gezeigt werden?
– Menschen trösten und helfen sich statt das Leid anderer zu fotografieren.
– Menschen verzeihen einander statt sich gegenseitig zu beschuldigen.
– Menschen beschützen sich statt sich wechselseitig auszuliefern.
– Menschen erkennen einander an statt sich abzuwerten.
– Menschen lernen aus Fehlern statt andere zu bestrafen.
– Menschen verbreiten gute Nachrichten statt sich an Sendungen mit Mord und Totschlag zu empören.
– Menschen bewahren sich vor Schmerzen statt sich gegenseitig zu verletzen.
– Menschen befreien sich statt sich einzusperren.
– Menschen schaffen eine neue, freundliche und wertschätzende Kultur statt alte, grausame Kulturen zu tradieren.
Ich wünsche uns neue Träume, neue Hoffnung, neuen Mut, neues Vertrauen, um diese Welt zu schaffen.
Eine schöne neue Woche
Gertrud Müller

Resignation

Resignation

Resignation

Als Resignation wird beschrieben, wenn sich ein Mensch oder eine Gruppe dem unabänderlich Scheinenden fügt, das Engagement für die eigenen und kollektiven Ziele beendet und somit jegliche Hoffnung aufgibt.
Verleugnung ist, wenn Personen oder Gruppen Realitäten nicht anerkennen. Verleugnung ist auch ein Abwehrmechanismus der Seele.
Resilienz ist die Fähigkeit, auf psychischer Ebene einen gewissen Widerstand gegenüber Problemen zu entwickeln und dadurch widrige Lebensumstände zu ertragen und zu überstehen.
Die Mischung aus diesen drei Faktoren ist giftig. Wir sehen immer wieder, auch in der Historie, wie sich tödliche Mischungen aus Resignation, Verleugnung und Resilienz verbreiten. In den zwei Weltkriegen, in Elendszuständen im Mittelalter, in Katastrophengebieten und in sehr vielen Einzelschicksalen. Auch heute erleben wir wieder die Gefahr, die sich aus dieser giftigen Mischung entwickelt.
Eine Welt, in der sich Resignation ausbreitet: Werte der Menschlichkeit verrohen, die Sorge der Menschen um die natürliche und soziale Umwelt werden von einigen Politikern verleugnet und verharmlost. Während Wirtschaft und Politik postulieren, wie gut es den Menschen geht, vereinsamen immer mehr Menschen, Tiere sterben aus, Krankheiten vermehren sich und Systeme kollabieren. Betroffenen bleibt nur noch, das alles zu ertragen.

Vor zehn Jahren starb der Nationaltorwart Robert Enke durch Suizid, 2014 der Fußballprofi Andreas Biermann ebenfalls durch Suizid. Bei beiden wurde Depression als Ursache genannt. Der Fußballmanager Jörg Schmadtke sagt, es habe sich bis heute in der Welt des Fußballs nichts geändert. „Nicht bei den Medien, nicht bei den Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und auch nicht in der Gesellschaft.“
Sowohl bei Suizid als auch bei anderen Formen der Verzweiflung, bei Formen der Radikalisierung und bei Amokläufen spielen vergiftete Mischungen verletzter Gefühle eine große Rolle.

Es reicht nicht, mit verletzten Gefühlen zu resignieren, diese Gefühle zu verleugnen oder sie zu ertragen.
Es muss einen besseren Weg geben. Mögen wir als Einzelne und kollektiv den Mut haben, diesen besseren Weg zu suchen und zu finden.
Eine gute und mutige neue Woche

Gertrud Müller