Über die Liebe

Bei Hochzeiten wird oft aus dem hohen Lied der Liebe gelesen. Im hohen Lied der Liebe stehen folgende Sätze:

1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.

2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und hätte Erkenntnis und allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.

3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, um mich zu rühmen, und hätte die Liebe nicht, so wäre es mir nichts nütze.

Und was ist die Liebe? Warum soll die Liebe mehr wert sein als alle anderen Gaben, mehr wert als Intelligenz und die gute Tat?

Die Liebe ist Verbindung, wir sind energetisch mit allem verbunden. Unsere Zellen sind miteinander verbunden. Erde und Himmel sind über Energie miteinander verbunden. Wir sind in der Gegenwart mit unserer Vergangenheit und der Zukunft verbunden. Wir können Distanz herstellen und bleiben dennoch verbunden in Freud und Leid, in den Erinnerungen. Liebe ist diese energetische Verbindung, die wir jeden Tag aufs Neue wahrnehmen und wertschätzend gestalten können.

Wir sind aus Energie geschaffen, wir können diese Energie spüren oder verleugnen, diese energetische Verbindung bleibt dennoch bestehen. Wir geben unsere Energie weiter und aus der Verbindung dieser Energien entsteht immer neues energetisch geladenes Leben. Die Energie ist ehrlich und messbar, auch wenn wir sie leugnen. Wir können spüren, ob positiv gestimmte Energien uns nützen oder negativ geladene uns schaden. Wenn wir ehrliche, liebevolle Energie spüren und weitergeben, so werden unsere Mitmenschen, die Pflanzen und Tiere in unserem Umfeld dieses spüren.

Liebevolle Menschen haben eine positive Ausstrahlung, sie handeln achtsamer, sprechen wertschätzender, hören zu und zeigen Interesse an ihrer Umgebung. Sie fühlen sich in einem positiv gestimmten Umfeld geachtet. Geben Menschen lieblose Energie weiter, verachten sie andere, erniedrigen sie andere, beuten andere aus oder beschimpfen andere Wesen, oder lassen sich selbst schlecht behandeln, so werden die anderen Wesen das ebenfalls spüren. Somit sind wir, ob wir das leugnen oder wahrhaben wollen, unendlich verbunden durch unsere Energien, durch passende, nützliche Verbundenheit und durch nicht passende, schädigende Verbundenheit. Da wir durch Erziehung und Sozialisation lernen uns anzupassen, verlieren wir zu spüren, wann Energien passend und nützlich sind, wann sie unpassend sind und wann sie schädliche Wirkung haben.

Den handelnden Personen ist die Veränderung von positiver Energie zu negativer Energie nur vage bewusst, erst im Nachhinein durch die Auswirkungen können die meisten Menschen spüren: das habe ich gut gemacht, das ist mir nicht gelungen.

Sind Personen oft in einem negativen Energiezustand, wird sich ihr Umfeld, ihre Beziehung und ihr Schicksal immer mehr verschlechtern, Feindschaften und Unwohlfühlen breiten sich aus. Üben Menschen in negativen Umgebungen immer mehr positive Energien, so werden sich die Beziehungen, das Umfeld und das Schicksal mit der Zeit verbessern. Wenn Menschen in einem positiven Umfeld dauerhaft versuchen, sich gegenseitig zu nützen, sich gegenseitig zu helfen, voneinander zu lernen und miteinander zu teilen, werden sich daraus stabile, wertschätzende, freundliche und gesunde Gruppen und Kulturen entwickeln. Fangen Kulturen an sich zu beleidigen, zu bekriegen, beginnt das Spiel mit dem Leid und negativer Energie von vorne. Diese energetischen Phänomene können wir über die gesamte Geschichte beobachten. Wahrscheinlich heißt es darum in einem Satz des hohen Liedes der Liebe: Die Liebe hört niemals auf.

Verstehen wir den Zusammenhang von Energie und Zusammenleben, dann achten wir auf unsere positiven Energien und auf liebevolles Handeln. Mit Wohlfühlen und Schmerz können wir mit der Zeit immer besser spüren, was guttut, was nützt und was schadet. Die Liebe orientiert sich immer am wechselseitigen Nutzen und versucht Schaden zu vermeiden. Wenn Menschen sich selbst und andere mutwillig schädigen, nennen wir es Hass. Hass entsteht aus tief verletzter Liebe und kann wiederum nur mit ganz viel Liebe geheilt werden. Vielleicht ist jetzt verständlicher: das Höchste, das wir lernen können, ist die Liebe. Wie und wo lernen wir Liebe? Es gibt viele Wege die Liebe zu lernen. Ich lerne und übe diese Kunst der Liebe seit vielen Jahren und stelle täglich fest, wie viel es noch zu lernen gibt. Das Schöne ist, das Potenzial der Liebe ist unerschöpflich, wir können unendlich viel in der Kunst der Liebe lernen.

Übrigens, meine ersten Schritte um die Kunst des Liebens zu lernen, machte ich als junges Mädchen, als ich das Buch von Erich Fromm las: Die Kunst des Liebens. Dieses Buch hat mich so tief beeindruckt, dass ich für mich beschlossen habe, die Kunst des Liebens zu lernen. Und was mir in all den Jahren bewusst geworden ist: ich bleibe eine Lernende.

In diesem Sinne viel Freude beim Lernen der Kunst des Liebens und eine liebevolle neue Woche.

Gertrud Müller

  Fotos: Franziska Neufeld