Wunden heilen

Bei körperlichen Verletzungen können wir davon ausgehen, dass der Organismus alles versucht, die Wunden zu heilen.  Bei seelischen Verletzungen werden uns neue Kräfte gegeben, damit wir wieder Mut finden

Es gibt Menschen mit verletzten Gefühlen, die ihre Wunden nicht heilen lassen um wieder Kraft zu schöpfen, stattdessen verwenden sie alle Kraft um Rachepläne zu schmieden, Selbstmitleid zu kultivieren und mit Gier und Geiz Kraftreserven zu horten.

Was ist in der Natur anders, als im verletzten menschlichen Denken und Fühlen? Die Pflanzen und Tiere sind nicht in der Lage an der Natur zu zweifeln. Sie nehmen die Natur wie sie ist. Tiere und Pflanzen vertrauen den Naturgesetzen und versuchen nach jeder Verletzung immer wieder in ihre Kraft zu kommen und sich vor Gefahren zu schützen.

Genau dieses bedingungslose Vertrauen fehlt uns Menschen. In der Annahme die Krönung der Schöpfung zu sein und sich die Welt untertan zu machen, glauben Menschen zu erkennen, was Recht und Unrecht ist. Wenn Personen heute in dieser Menge an Informationsflut entscheiden sollen was richtig, falsch oder gefälscht ist, stoßen sie schnell an ihre Grenzen. Was ist schon Recht und Unrecht, Wahrheit und Lüge?

Es wurde uns von der Natur die Möglichkeit gegeben Neues zu erfinden, Prozesse zu lenken und zu steuern. Die Naturgesetze zu verändern ist jedoch nicht unser Job. Die Menschen waren Krone der Schöpfung im Paradies. Alle, die die sich anmaßten die Welt zu beherrschen und die Naturgesetze neu zu erfinden, sind kläglich gescheitert.

Ist es nicht viel klüger der Natur zu vertrauen, den Naturgesetzen zu folgen, die Natur zu verstehen und von ihr zu lernen? Möglicherweise würden wir ganz andere Heilmittel entdecken, wenn wir uns die Natur zum Vorbild nähmen und von ihr lernten, statt zu glauben, es besser zu können als die Natur (wir reden jetzt nicht von chirurgischen Eingriffen). Die Natur ist so angelegt, dass sie alles versucht jede Wunde zu heilen. Heilen lassen heißt nicht untätig zu sein. Ganz im Gegenteil: Sowohl Tiere als auch Menschen pflegen ihre Wunden. Das Gehirn stellt neue Verknüpfungen her, um bei Gefahren besser geschützt zu sein und wir suchen Trost und Ruhe, um neue Energie und Kraft zu finden.

Wenn wir dieses angeborene Vertrauen in die Natur und ihre Kräfte wiederfinden, dann heilen auch unsere jahrhundertealten Wunden, die wir uns im Kampf mit und in der Natur und im Kampf gegeneinander zugezogen haben.

In diesem Sinne eine heilsame Woche.

Gertrud Müller

Photo Hubert Spiess

Frieden lernen

Am 11.11. wird vor allem in englischsprachigen Kulturraum der Remembrance Day begangen. Die Menschen stecken sich zur Erinnerung an die gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges Mohnblumen an die Kleidung.

Auf diese Weise wird der zahllosen und namenlosen toten Soldaten im ersten und zweiten Weltkrieg gedacht. Diese künstlichen Mohnblumen (Remembrance Poppy) erinnern an die Mohnblumen, die auf den frischen Gräbern der Soldaten in riesiger Zahl wuchsen. Sie erinnern an die rote Farbe des Bluts, der gefallenen Soldaten und an das Morphium, das Soldaten erhielten um die Schmerzen ihrer Verletzungen zu ertragen. Wir gedenken der Gewalt, des Krieges und des Friedens in vielen Denkmälern, Filmen, in Kunst und Kultur. Gegen die schlimmste weltweite Jahrtausende alte Pandemie: die Gewalt, suchen und finden die Menschen weder Ursachen, noch Heilmittel. Täglich flimmern die Bilder von Gewalt in den Medien, mit Gewalt werden Milliarden verdient und zugleich verlieren Millionen Menschen ihr Leben.

Wenn jemand Corona leugnet, gilt er als Ignorant, als Idiot, als herzlos, als nicht gesellschaftsfähig. Aber was ist mit den Gewaltleugnern, den Gewaltidioten, den zahllosen und herzlosen Menschen, die millionenfach an Gewalt verdienen? Diese Leute dürfen ganz legal ohne jede Ausgrenzung ihre Geschäfte machen, sie dürfen andere schädigen und werden sogar durch Aktiengewinne noch reich belohnt. Wir haben gelernt, dass Gewalt unvermeidbar ist. Stimmt das wirklich? Oder haben wir nur Angst, uns diesem Thema zu stellen?

Für eine Pandemie, an der Hunderttausende Menschen sterben, mobilisieren die Menschen innerhalb eines Jahres Milliarden, um die Menschen zu schützen. Für die Pandemie der Gewalt werden weltweit Milliarden investiert, um sie zu fördern und weiter zu kultivieren. Wir Menschen lernen, gesund zu leben, wir lernen aber auch, unseren Körper durch Zigaretten, Alkohol, Gewalt, Zucker, Stress und Bewegungsmangel zu schädigen. Menschen lernen Kriege zu führen und lernen friedlich zu sein. Was wollen wir in der Zukunft lernen und lehren? Was wollen wir an die nächste Generation weitergeben? Wollen wir als Menschen der Zukunft krank, achtlos und gewalttätig leben? Oder wollen wir gesund und friedlich leben und die Natur achten?

Was wir uns selbst und unseren Mitmenschen lernen und lehren, das wird sich in der Zukunft zeigen. Wer Krieg, Krankheit und Umweltzerstörung lehrt, muss sich nicht wundern, wenn die Menschen genau das später tun. Jeder Landwirt weiß, dass er nur Reis ernten kann, wenn er Reis anbaut. Wer Frieden, Wertschätzung, Achtung gegenüber der Natur lernt und lehrt, wird in der Zukunft eine Kultur mit Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Gesundheit ernten.

Wir leben nicht nach einem vorbestimmten Schicksal. Wir können selbst entscheiden, was wir heute lernen und lehren und wie unsere Welt morgen aussehen wird. Ich wünsche mir, dass sehr viele Menschen eine Kultur der Wertschätzung, der Nachhaltigkeit, eine Kultur des Friedens und der Gesundheit aufbauen. Ich wünsche mir, dass meine Enkel und alle anderen Kinder auch morgen noch gut auf dieser Erde leben können.

In diesem Sinne: eine mutige und lehrreiche Woche, in der wir uns wieder für inneren Frieden, für ein gutes Miteinander und für die Achtung gegenüber der Natur engagieren.

Gertrud Müller

Der emanzipierte Mensch

Seit letztem Jahrhundert sprechen wir davon, dass sich Frauen emanzipieren. Diese Woche hörte ich einen Bericht über ein Gewalttelefon für Männer. Es gilt immer noch als Tabu, dass auch Männer von Gewalt betroffen sind und Opfer von weiblichen Gewalttaten werden. Esther Vilar schrieb vor vielen Jahren das Buch ”Der dressierte Mann”. Wir erleben in dieser Welt häufig Paradoxien: Menschen lieben die Freiheit und kultivieren Dressur.

Wir dressieren Tiere, wir dressieren Bürger, wir dressieren Kinder, seit neuestem dressieren wir die Natur. Die Tiere durchschauen die Dressurakte des Menschen nur anfangs, später gewöhnen sie sich daran, die Hunde folgen ihrem Herrchen, das Pferd dem Reiter. Die Kühe stellen sich artig in den Stall und auf die Weide. Schafe, sagt man, lassen sich sogar ganz artig zu Schlachtbank führen. Menschen sind schlauer, sie durchschauen Dressurakte mit der Zeit und versuchen Knechtschaft und Gefängnisse zu überwinden.

Moses führte sein Volk aus Ägypten, Revolutionäre befreiten sich von grausamen Herrschern, alte unterdrückende Vorstellungen, werden immer wieder überholt wie die Apartheid, der Kolonialismus und die Sklaverei. Dennoch hält sich der Mythos immer noch hartnäckig, dass Menschen einander korrigieren müssen.  Bürger müssen diszipliniert werden, Schüler müssen belehrt und erzogen werden. Die Ungläubigen werden bekehrt, Völker unterjocht und Arbeiter zur Arbeit gezwungen. Parteimitglieder müssen sich einem Fraktionszwang unterordnen und Außergewöhnliche müssen normalisiert und eingeordnet werden. Dressurakte funktionieren mit Angst, Zuckerbrot und Peitsche, mit Manipulation, mit Geld, mit Korruption, mit Bestechung und aus Gewohnheit. Damit die Menschen diese menschlichen Dressurakte nicht so leicht durchschauen, erhalten sie euphemistische Bezeichnungen: Religion, Kultur, Dienstleistung, Arbeitsverträge, Tradition, Besitzstandwahrung, Rechtsstaat, Nationalstaat, Gesetze, Hierarchie, Gesellschaftsordnung, Kommunismus, Partei, Status, usw.

Leben wir in der Moderne wirklich in freien Gesellschaften? Sind wir Menschen reif und fähig frei zu leben? Wie viele tausende Jahre werden wohl noch vergehen bis die Menschheit ihre wechselseitige Dressurleidenschaft überwindet? Oder verändern wir immer nur das Vokabular und dressieren weiter? Wie könnte eine freie Gesellschaft aussehen? Vielleicht können wir uns darüber mal Gedanken machen, bevor uns die nächsten Dressurakte wieder einholen.

Es wäre ja zu mindestens denkbar, dass wir uns überlegen, ob eine Kultur der Freiheit, in der wir Menschen uns gegenseitig achten, wertschätzen und ehrlich miteinander umgehen, eine Alternative zu den derzeitig weit verbreiteten Dressurgesellschaften wäre. Eines ist sicher: bisher schaffen wir es zeitweise, uns gegenseitig zu achten und zu respektieren, vielleicht ist das ja noch ausbaufähig.

In diesem Sinne wünsche ich uns alle eine emanzipierte Woche, in der wie uns gegenseitig in unserer Andersartigkeit achten und respektieren.

Gertrud Müller

Verstrickung, Entwicklung, Entfaltung

Es ist wieder kalt geworden. Ich erinnere mich an meine Jugendtage, an die langen Herbstabende: wir strickten Pullover, Schals, Handschuhe und Socken. Diese Art von Verstrickung war warm und angenehm.

Wenn sich eine Fliege in ein Spinnennetz verfängt und von der Spinne immer mehr im Netz verstrickt wird, ist der Zustand für die Fliege nicht angenehm. Es kommt also auf die Art der Verstrickung an, ob wir uns damit wohl, unwohl oder gefährdet fühlen. Nicht nur Spinnen verstricken ihre Beute, auch wir Menschen verstricken uns in Konflikte, in Kriege, in schädliche Systeme und irrationale Vorstellungen.

Photo: Franziska Neufeld

Bei einem gestrickten Pullover können wir die Verstrickungen wieder auftrennen, wenn sie nicht mehr hilfreich ist. Genauso können wir uns von falschen Überzeugungen, verworrenen Geschichten und Verflechtungen befreien, in die wir durch Familien, Religionen, Tradition oder durch eigene Vorstellungen geraten sind. Erst wenn wir alte Muster auflösen, können wir die Fäden entwirren und uns im wahrsten Sinne des Wortes entwickeln.

Wenn die Fliege sich aus dem Spinnennetz befreien kann, ist sie in der Lage, ihre Flügel zu entfalten; wenn die Raupe sich zum Schmetterling entfaltet, kann sie fliegen. Die Energien des Lebens sind in der Lage, sich zu Materie zu verfestigen. Materie ist in der Lage, immer wieder andere Formen anzunehmen. Materie kann sich wieder auflösen und umformen.

Auch wir Menschen können immer wieder neue Formen des Denkens und Fühlens lernen, wir können die Gefängnisse alter negativer Geschichten auflösen und uns aus konflikthaften Verstrickungen lösen. Nichts ist in Stein gemeißelt. Wenn wir das Leben immer wieder frisch und frei fließen lassen, können wir uns aus alten Schuld-, Scham- und Angstgeschichten befreien.

Möge es uns gelingen, uns zu befreien und gegenseitig Halt zu geben, damit das Leben wieder fließt.

Photo: Franziska Neufeld

Eine schöne und freie neue Woche mit vielen Entfaltungsmöglichkeiten

Gertrud Müller

Verrückt

Als ich noch jung war, glaubten die Menschen ziemlich klar unterscheiden zu können, wer verrückt ist und wer normal. Die „Verrückten“ waren meist lebenslang in der geschlossenen Psychiatrie eingesperrt, die „Normalen“ durften frei herumlaufen.

Man wusste was Fasching ist, was Feiern und was Alltag ist. Fasching und Feiern waren zu festen Jahreszeiten oder mindestens an bestimmten Wochentagen. Heute ist das alles etwas anders. Wir begegnen oftmals relativ außergewöhnliche Zeitgenossen, gefeiert wird immer und überall, es ist nicht mehr klar warum. Und müssen wir uns nicht selbst eingestehen: so ganz normal sind wir alle nicht mehr? Wer möchte heute noch normal oder gar bieder sein?

Irgendwie ist diese Entwicklung gar nicht so verkehrt. Wenn alle etwas verrückt sind, dann ist das ja auch wieder ganz normal. Und wer weiß schon, wo das Normale aufhört und das Verrückte anfängt und umgekehrt. Und wozu brauchen wir noch Fasching? Wenn man es von der humorvollen Seite nimmt, ist das ganze alltägliche Theater, das wir Menschen veranstalten, Fasching und Kabarett pur.

In diesem Sinne, nehmen wir nicht alles ganz so ernst – auch jeder Wahnsinn ist vergänglich.

Eine humorvolle neue Woche

Gertrud Müller

Photo: Franziska Neufeld

sprachlos

Sprachlos

Verwirrt und sprachlos bleibt der Bürger derzeit zurück. Fallzahlen, schlechte Nachrichten, Verwirrung, Informationen und Fake-News, die nur schwer zu beurteilen sind. Deals und No Deals, Insolvenzen und Arbeitslosigkeit, chaotische Wahlen, …

Die Situation ist unübersichtlich geworden. Viele Menschen sind verunsichert, manche sogar verzweifelt. Es ist wichtig zu erkennen, dass es immer wieder Lichtblicke gibt. Auch frühere Generationen haben Seuchen, Freiheitseinschränkungen und wirtschaftliche Einbrüche erlebt und überlebt. Es ist wichtig, sich nicht aus der Balance bringen zu lassen. Und es ist wichtig, zu tun, was möglich ist, jeden Tag aufs Neue. Eines Tages ist die Krise vorbei, die Sonne scheint wieder und wir können sagen „es war einmal, …“

Und dann profitieren wir von all dem, was wir in diesen schwierigen Zeiten gelernt haben.

In diesem Sinne: gehen wir mutig und zuversichtlich durch diesen sonderbaren Herbst.

Gertrud Müller

Auf die Plätze, fertig, los

Auf die Plätze, fertig, los!

Der olympische Gedanke ist uralt. Die Idee, dass Personen sich sportlich betätigen und ihre Leistung messen, spornte viele dazu an, besser zu werden, höher zu springen, schneller zu laufen und weiter zu werfen. Dieser Konkurrenzkampf beflügelt die Menschheit seit Jahrtausenden. Die Zukunft erfordert vor allem eine Kooperation von allen Lebewesen, Personen oder Systeme, um unseren Planeten zu schützen und als Menschheit zu überleben. Lässt sich die alte Freude der Menschen, sich miteinander und aneinander zu messen mit dem Kooperationsgedanken und der Idee einer nachhaltigen, achtsamen Welt verbinden?

Olympia war damals für die Männer sehr wichtig, jeder der schneller laufen konnte, hatte einen Überlebensvorteil. Heute müssen die Menschen nicht mehr um Überlebensvorteile ringen, viele glauben sie brauchen nichts tun, der Staat wird’s schon richten. Vielen ist es noch nicht oder nicht mehr bewusst, dass jeder auch selbst verantwortlich ist, wenn wir als Menschheit überleben wollen.

Wenn Tausende Schüler unter dem Namen “Fridays for Future” auf die Straße gehen, werden sie teilweise belächelt. Viele Menschen glauben: ach so schlimm wird es nicht sein. Bei meinen Krebspatienten erlebe ich immer wieder, dass die Gesundheit kaum ein Thema war, bis die Krankheit diagnostiziert wurde. Erst dann erkannten die meisten: so kann ich nicht weiter machen, ich muss mich besser ernähren, ich möchte Gewicht reduzieren, ich darf nicht mehr so viel Süßes essen, ich darf nicht mehr rauchen, mir nicht mehr so viel Stress zumuten. Solange alles gut geht, denkt der Mensch kaum daran seine Gewohnheiten zu ändern und es ist auch nicht zwingend nötig. Warum sollte ein Helmuth Schmidt das Rauchen aufhören, wenn es ihm schmeckt und er über 90 Jahre gesund bleibt?

Wir müssen aber dann etwas ändern, wenn wir spüren: so geht’s nicht mehr weiter. Ich möchte niemanden wünschen, dass er spüren muss, dass sein Haus davon geschwemmt wird, dass die Getreide auf den Feldern verbrennen, dass keine Bäume mehr wachsen und keine Fische mehr im Meer schwimmen aber vieles passiert schon jetzt. Wo sind die Ärzte, die sagen: Liebe Erdenbewohner, so könnt ihr nicht weitermachen, die ganze Erde ist schwer krank. Wo sind die Therapeuten, die sagen: Das und das kann helfen, so dass wir in der nächsten Generation die Bedrohung von Seuchen, Hungersnöte, Stürme und Artensterben wieder los werden. Wir dürfen so nicht weiter machen! Es ist nicht gut, wenn wir kollektiv wegschauen und sagen: so schlimm ist es ja noch nicht.

Wenn wir drohende Gefahren nicht ernst nehmen und wenn wir jetzt nicht handeln, unsere Gewohnheiten nicht ändern, dann werden wir es als Menschheit nicht schaffen auf diesem Planeten zu überleben.

Es ist erstaunlich, wie schnell Menschen das Rauchen aufhören können, wenn Sie verstehen, dass ihr Leben bedroht ist. Oder wie schnell Menschen anfangen Sport zu machen, wenn Sie erkennen, dass es ihnen helfen kann länger und gesünder zu leben. Es ist erstaunlich, wie weit Menschen fliehen, wenn ihr Leben bedroht ist.

Machen wir es so, wie damals die Leute bei Olympia – fangen wir an unsere Überlebensvorteile zu verbessern. Suchen wir nach den besten Lösungen, nach den umweltfreundlichsten Produkten, nach den besten Firmen, den besten Parteien, die kooperativ, innovativ und ökologisch arbeiten. Suchen wir die besten Führungskräfte, die dazu beitragen, dass wir eine gute Zukunft gestalten können.

Auf die Plätze fertig los! Fangen wir an, die beste Menschheit zu werden, die die Welt je gesehen hat. Wachsen wir über uns hinaus und beweisen es allen, dass wir es schaffen, gut zusammen zu leben, so dass wir mit Freude auf diesem Planeten leben können – Menschen, Tiere, Pflanzen. Das ist der moderne Wettkampf, eine moderne Olympiade, bei der wir zurecht Goldmedaillen, Nobelpreise, Trophäen und alles Lob der Welt verdienen.

Das ist eine neue Olympiade, die 2020 beginnen kann und jeder kann teilnehmen, die Bürger, die Hausfrauen, die Jugendlichen, die Firmenchefs, die Ärzte und Krankenschwestern, die Politiker, die Vereine …

Auf die Plätze fertig los, sei dabei!

Ich freu mich über jeden, der etwas zur neuen Olympiade beitragen möchte.

Herzliche Grüße

Gertrud Müller

Photos: Hubert Spieß

Raus aus der Komfortzone

Für mich ist es ein großes Glück, dass ich so nahe am Münchner Olympiapark (55m) wohne. Ich habe den Luxus, dass ich an 365 Tagen im Jahr morgens auf den Olympiaberg steigen und Sonnenaufgänge beobachten kann (mache ich nicht immer, da ich auch öfter meine Komfortzone statt Kälte und Müdigkeit wähle). Und wenn ich Lust habe, kann ich auch abends auf den Olympiaberg steigen und wunderschöne Sonnenuntergänge anschauen.

Vor Jahren, als ich noch nicht regelmäßig Sport machte, waren das meine Trainingseinheiten. Faul und unsportlich war ich noch nie, aber ich konnte mich auch nicht überwinden, regelmäßig und gezielt Sport zu machen. Ich hatte das in meiner Familie nie gelernt. Dann bekam ich meine Kinder und hatte zu wenig Zeit für Sport, danach kam meine berufliche Laufbahn und später glaubte ich zu alt zu sein.

Ich gewöhnte mir vor Jahren an, möglichst oft am Morgen auf den Olympiaberg zu gehen, ich liebe Sonnenaufgänge und das war dann schon ein wenig Morgensport. Voller Bewunderung sah ich die jungen Leute, die den Berg hinaufliefen, nicht nur so gemütlich spazierten wie ich. Langsam reifte in mir der Wunsch, ebenfalls diesen Berg hinaufzulaufen. Ich begann zu laufen, es ging nicht so recht, spätestens nach 400m war ich völlig aus der Puste. Dann traf ich eine ehemalige Patientin, die mir erzählte, sie könne inzwischen 10 km laufen. Volle Bewunderung von mir!  Sie erzählte mir, dass sie beim Lauf 10 teilgenommen hätte, eine Initiative des Bayerischen Rundfunks, in der man Schritt für Schritt das Laufen lernte.

Ich bin kein Herdentier, eher ein Einzelsportler, ich brauche Ruhe und die Konzentration auf mich selbst für den Sport. Ich beschloss, mir ein Lauf Buch zu kaufen und autodidaktisch zu lernen. Und so begann ich nach meinen Spaziergängen auf den Olympiaberg mit dem Training, wie es im Buch beschrieben wurde: 10 Minuten Training: 1 Minute laufen, 1 Minute gehen. Nach ein paar Tagen schaffte ich schon 2 Minuten laufen, 1 Minute gehen, dann 5 Minuten laufen, 1 Minute gehen usw. Ich war überglücklich, als ich nach einiger Zeit schon 20 Minuten laufen konnte ohne dazwischen zu gehen. Vor drei Jahren schaffte ich dann schon 3 km an einem Stück zu laufen. Ich nahm gelegentlich an einer Sportgruppe für Krebspatienten teil und dort erzählte mir eine Frau, sie hätte sich für den Kuhseetriathlon in Augsburg angemeldet.

Wow, einen Triathlon laufen, das war für mich ein unerreichbarer Traum:  500m Schwimmen, 20 km radeln und 5 km laufen. „Das schaffe ich auch“ sagte ich ganz spontan und meldete mich sofort an.

Es war Frühjahr und bis Juli musste ich es schaffen, 5 km zu laufen. Ich trainierte schwimmen, laufen, radeln. Vor allem das Laufen musste ich trainieren, das ist meine schwächste Disziplin. Mein Ziel mit 57 Jahren war nicht eine Platzierung zu machen, sondern dabei zu sein und es zu schaffen. Und ich schaffte es! Ich war überglücklich und hatte sogar den Mut, bei einem Triathlon Trainer nachzufragen, ob es möglich wäre in meinem Alter noch Triathlon zu trainieren. Ich war total überrascht, er machte mir Mut und fand es Klasse, dass ich trainieren wollte und vermittelte mir einen Freund, der noch Trainingsteilnehmer annahm.

Und so bin ich jetzt 60 Jahre alt und trainiere hobbymäßig Triathlon. Es macht mir riesig Spaß und ich habe das Gefühl, meinem Alter ein Stück weit davon zu laufen. Ich überliste meine Trägheit, indem ich oft abends noch schwimmen gehe. Und was mir ganz besonders Spaß macht: überall durch die Gegend zu radeln.

Viele Leute sagen, das Leben würde mit dem Alter schlechter und mit 50 würden die Alltagsbeschwerden losgehen. Ich habe eine ganz andere Erfahrung gemacht. Die Trägheit und das Verharren in der Comfort Zone ist das Problem, so dass wir uns als Menschen nicht weiterentwickeln. Wir glauben, nur Kinder könnten immer etwas Neues lernen und es anders machen. Meine Erfahrung ist jedoch, wir können jeden Tag Neues lernen, jeden Tag nochmal neu beginnen und jung bleiben, bis ins hohe Alter (den Beweis muss ich natürlich erst noch im Selbstversuch erbringen). Was ich jetzt schon bemerke: das Alter bringt auch viele Vorteile, ich kann meine Zeit gut einteilen, ich weiß schon viel Dinge, die sich Jüngere erst noch aneignen müssen und das Alter ermöglich eine gewisse Narrenfreiheit.

Ich muss keine Pokale gewinnen, mich nicht an Kollegen messen, die ein anderes Berufsverständnis haben und der Selbstwert ist nicht mehr so abhängig von dem, was andere denken. Ich habe beschlossen, mich weder von der Trägheit meiner Umgebung lähmen, noch in ein Gedankenkorsett eines Mainstreams einsperren zu lassen. Und ich werde immer meine Wahlmöglichkeiten nützen, auch wenn andere versuchen wollen, mich zu steuern, mich abzuwerten oder lächerlich zu machen.

Ja es stimmt, es ist nicht ganz einfach, aus seiner Comfort Zone herauszuwachsen, herauszukrabbeln und dann immer wieder von dieser Comfort Zone davon zu laufen. Aber es geht! Es ist ein gewisser Luxus, den ich mir leiste, dass ich immer frei entscheiden kann, wann ich ein wenig in der Komfortzone bleibe und wann ich wieder in das Leben außerhalb dieser Komfortzone gehe.

Allerdings muss ich jeden, der die Komfortzone verlassen will darauf hinweisen, dass die Umwelt, die Menschen, die sich in ihrer Komfortzone eingerichtet haben, das anders sehen. Warum machst du das? Du bist doch eigentlich viel zu alt, zu dick usw. Das ist zu gefährlich! Du kannst ein Unfall haben! Schau auf deine Gelenke! Kommst du dir da nicht komisch vor, in deinem Alter allein zu trainieren? Oder sie stellen fest: du bist halt ein verrücktes Huhn.

Auch das gehört dazu, wenn Mann oder Frau außerhalb der Komfortzone leben möchten. Wenn Menschen gern in ihren Komfortzonen bleiben, dürfen sie das. Noch leben wir in einem freien Staat und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Ich denke es ist ein Zeichen einer gesunden Gemeinschaft, wenn sich Menschen für unterschiedliche Lebensstile entscheiden können. Möge jeder Mensch auf dieser Erde selbst wählen und entscheiden dürfen, wie viel Komfortzone er braucht und in welcher Weise er darüber hinauswachsen möchte.

In diesem Sinn – herzliche Grüße an alle, innerhalb und außerhalb ihrer Komfortzonen.

Gertrud Müller

Photo. Hubert Spiess

Die Sucht nach Macht und Geld

Die Sucht nach Macht und Geld

Sucht stimuliert Botenstoffe im Gehirn. Der Botenstoff Dopamin sucht nach neuen Reizen. Bei einer Sucht ist die Suche nicht mehr auf unterschiedliche Reize gerichtet, die das Leben und die Gesundheit fördern, vielmehr fokussiert sich der Süchtige auf eine suchterzeugende Substanz. Suchtmittel können Alkohol. Rauschgift, Tabletten, Tabak, Essen oder auch Hungern (bei Magersucht) und vieles mehr sein. Inzwischen werden auch Suchterkrankungen mit nichtstofflichen Suchtmitteln beschrieben wie Spielsucht oder Internetsucht. Eine Sucht wird diagnostiziert, wenn mehrere Voraussetzungen zutreffen:

  1. Der Süchtige empfindet Glücksgefühle beim Konsum des Suchtmittels.
  2. Der Süchtige kann den Umgang mit dem Suchtmittel immer weniger kontrollieren.
  3. Die Droge führt mit der Zeit zum Wirkungsverlust, die Dosis der Droge wird immer mehr gesteigert.
  4. Körperliche Entzugssymptome, wenn das Suchtmittel nicht verfügbar ist.
  5. Der fortgesetzte Konsum führt zu Folgeschäden.
  6. Ein Umfeld, das die Sucht unterstützt oder nicht verhindert.

Geld und Macht werden bis heute nicht als Suchtmittel gesehen, obwohl alle Kriterien der Definition von Sucht auch auf die Suchtmittel Geld und Macht zu treffen.

  1. Menschen können enorme Glücksgefühle erleben, wenn Ihnen Macht zugesprochen wird und Geldzuwachs erreicht wird. (Jubel beim Gewinn der Wahl, beim Lottogewinn)
  2. Personen, die über Macht und Geld verfügen, streben danach immer mehr Macht und Geld zu erhalten. (Führungskräfte in Politik, Wirtschaft und Religion, die trotz großer Macht weiter nach Macht und Geld streben)
  3. Die Maßnahmen immer neue Macht, neues Geld zu erhalten werden gesteigert. (Sogar das Einsetzen von Betrug, Verrat und Gewalt wird bei drohendem Machtverlust eingesetzt und gilt in macht- und geldaffinen Kreisen als legitim)
  4. Die Sucht nach Macht und Geld verursacht Schäden, vor allem bei anderen Personen und in der Umwelt.
  5. Ein Umfeld, das die Sucht nach Geld und Macht unterstützt. (Im Umfeld von macht- und geldsüchtigen Personen befinden sich Personen, die sich nicht oder unzureichend gegenüber Ausbeutung und Unterdrückung wehren und schützen können).

In diesem Sinne können Geld und Macht aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Wenn Macht und Geld dazu führen, dass kein gemeinsamer Nutzen mehr erzielt wird, dann besteht, die Gefahr, dass Macht und Geld zum Suchtmittel werden. Diese Sucht ist eine der gefährlichsten, sie führt zu Kriegen, Terror und Ausbeutung von Menschen, Tieren und Pflanzen. Leider wird diese Gefahr der Macht- und Geldsucht viel zu wenig beachtet. Diese beiden Suchtursachen tauchen in keinem Diagnosemanual auf, werden nicht erkannt und kaum benannt. Auch wenn die Sucht nach Macht und Geld von Ärzten, Psychiatern, Wissenschaftlern und Suchtexperten noch nicht als Krankheit klassifiziert wird, können wir achtsam sein, damit diese Sucht uns selbst nicht befällt und wir nicht als Co-Abhängige die Geld- und Machtsucht anderer unterstützen.

Ein schönes Wochenende und bleiben Sie gesund, auch gesund gegenüber Macht- und Geldsucht.

Gertrud Müller

Die Angst namens Virus. Ein neues Märchen

Es war einmal vor langer Zeit, da hatten die Menschen Angst vor großen Tieren. Sie bauten Fallen, Pfeil und Bogen, Schwerter, Degen und Schilder um sich zu schützen und um zu jagen. Der Mensch war erfolgreich und wurde vom Sammler zum Jäger.

Eines Tages erkannten die Menschen, dass mit Ackerbau und Viehzucht mehr Geld zu verdienen war und so wurde der Jäger zum Landwirt. Als die Menschen sesshaft waren, träumten immer mehr Leute von Wohlstand und Ansehen und so wurde aus den Bauern die Weber, aus den Webern die Industriellen und später aus den Industriellen die Dienstleister. Der Neid und die Gier wuchsen und wuchsen und jeder wollte immer mehr besitzen und sich bedienen lassen.  Die Welt teilte sich immer mehr in ganz arme Menschen, die sehr viel arbeiten mussten und kaum Geld verdienen konnten und in die Reichen, die jeden Tag reicher und reicher wurden. Die Menschen mussten keine Angst mehr haben, alle Gefahren konnten besiegt werden, sie fürchteten sich nicht mehr vor Göttern, bauten höchste Bauwerke, Raketen und machten grandiose Erfindungen, alles wurde errechenbar und machbar.

Viele Menschen glaubten, Gott spielen zu können und die Herren des Lebens zu sein. Plötzlich tauchte ein winziges Tierchen auf, das sich Virus nannte. Es war so klein, dass es die Menschen nicht sehen konnten. Es befiel die Menschen auf ganz unterschiedliche Weise. Einige wurden krank, andere starben und den meisten geschah nichts. Die Unberechenbarkeit und die winzige Größe machten es unmöglich, das Tierchen namens Virus zu jagen oder es zu töten. Die Menschen gerieten in große Panik und Sorge: Was sollten sie tun? Die klugen Menschen, die alles zu wissen glaubten, verfielen in Schrecken und Ratlosigkeit. Alles geriet durcheinander.

Eines Tages tauchte eine Flaschenpost auf. Ein kleines Mädchen hatte sie gefunden. In der Flaschenpost stand ein Zauberspruch und es stand geschrieben:

Jeder, der diesen Zauberspruch dreimal täglich liest ist vor dem Virus selbst und vor der Virusangst geschützt.

Es sprach sich schnell herum, dass der Virus und die Angst zu bewältigen wären. Die Menschen pilgerten zu dem Mädchen und wollten mit dem Zauberspruch vom Virus erlöst werden. Das Mädchen gab nur Hinweise, den Zauberspruch gab sie nicht preis, auch nicht gegen viel Geld. Es gingen Jahre ins Land, die Krankheit verschwand und viele Menschen fragten sich, was es wohl mit diesem Zauberspruch auf sich hatte?

Eines Tages lüftete ein weiser Mann die Wahrheit über die ungewöhnliche Heilungsgeschichte und den Zauberspruch.

  1. a) denke täglich dreimal an die Ereignisse, die dich glücklich machen und von denen du lernen kannst.
  2. b) danke jedem Menschen, der dir geholfen hat, und helfe anderen.
  3. c) gib jeden Tag etwas von deinem Reichtum an andere, die ärmer sind als du.

Immer mehr Menschen, die diese Sprüche lasen wurden gesund und glücklich. Die Menschen lachten wieder miteinander, sie halfen einander und lernten voneinander. Der Neid und die Gier verschwanden immer mehr und kein Mensch wollte mehr Gott sein. Jahre vergingen und niemand erinnerte sich mehr an einen Virus, der die Menschen früher so krank machte.

In diesem Sinne: nützen auch wir diesen Zauberspruch, er hilft, dass es uns Menschen wieder besser miteinander geht.

Gertrud Müller